Montag, 26. Januar 2015

DER KARNEVAL NON NIZZA...



 ist die Attraktion der Côte d’Azur im Winter, einer der größten Karnevals weltweit mit Umfassendem Veranstaltungsprogramm, farbenprächtigen Paraden und Musikanten und Tänzern aus aller Welt, die ihre Künste vorführen.
Etymologisch betrachtet stammt der Begriff „Karneval“ aus dem Lateinischen „Carne levare“, was so viel bedeutet wie „Das Fleisch entfernen“. Schon im Mittelalter pflegten die Bürger von Nizza den katholischen Brauch vor Beginn der vierzigtägigen Fastenzeit opulente Mahlzeiten mit fetten und reichhaltigen Zutaten zu sich zu nehmen. Alle Übertreten und Frevel waren genehmigt, um diese heitere Zeit gebührend zu feiern. Es war daher üblich, sich hinter Masken zu verstecken und sich von Verkleidungen zu schützen, um über alles und alle zu spotten, und zwar bis zum Aschermittwoch.


 

Der Nizzaer Karneval und seine Vergnügen wurden 1294 zum ersten Mal erwähnt: Charles d’Anjou, Graf der Provence verbrachte dort lustige Tage und gab es bekannt. Die Karnevalfeierlichkeiten beschränkten sich bis ins 18. Jahrhundert auf Maskenbälle und ausgelassene Farandole in den Gassen der heutigen Altstadt. Der Klerus aber, durch die Narren, grenzte diesen Übermut ein und kontrollierte somit das Volk. Im Laufe des 18. Jahrhunderts - beeinflusst vom Karneval von Venedig - konnte man die Entwicklung eines Salonkarnevals und Maskenbällen („Veglioni“) zum Nachteil von Straßenunterhaltungen feststellen. Aufgrund schwerwiegender historischen Ereignissen, wie z.B. die Französische Revolution, fanden in Nizza die Karnevalfeste nicht statt. 1830 wurde zum ersten Mal einen Umzug organisiert, und zwar zum Ehren von Charles-Félix und Marie-Christine, Herrschern des Reiches Piemont-Sardinien. Die Truppen, die vor dem königlichen Paar vorbeizogen, waren die Vorläufer des Karnevals der Zukunft. Bis 1872 feierte das Volk mehr oder weniger nach seinem Gusto. Verkleidet bombardierten sich die Menschen mit Gipskonfettis, Eiern und Mehl. 

 1873 gründete der Nizzaer Bürger Andriot Saetone das Festkomitee, welches unter der Schirmherrschaft von der Stadtverwaltung  den Karneval von Nizza organisieren und expandieren sollte. So zog am 23. Februar 1873 „Karneval der Erste“ in Nizza ein. Eine neue Ära der Karnevalkunst war somit geboren. Bis 1971, also rund hundert Jahre lang, sollte Nizza unter der Handschrift von Alexis Mossa und anschließend von seinem Sohn Gustav-Adolf einen spektakulärsten Karneval mit erstaunlichsten, grotesken und fabelhaftesten Wagen präsentieren. 


Zum ersten Mal am 14. Februar 1882 nahm der Narr des Festes, genannt seine Majestät Triboulet, eigentlich ein einfacher Hampelmann aus Stroh und Lumpen am Umzug teil, hoch oben auf seinem Thron des königlichen Wagens sitzend, anstatt wie bisher auf dem Platz der Préfecture zu bleiben und das Gefolge defilieren zu sehen. Und seitdem ist die Tradition so geblieben.

Die zwei Weltkriege und der Golfkrieg 1991 haben aber den Karneval zur Pause gezwungen.                                                            

 Der Eintritt in das dritte Jahrtausend war kollegial, denn neun französische Künstler aus Presse und Verlagswesen haben ihre Talente vereint und eine sehr inspirierte Auslegung des beginnenden Jahrhunderts geboten.




Jedes Jahr findet der Karneval unter einem besonderen Motto statt: 1876 wurde die erste Blumenschlacht auf der Promenade des Anglais veranstaltet. Seitdem ist – u.a. um die Touristen aus aller Welt anzuziehen – diese prestigeträchtige  Blumentradition beibehalten worden. Auch heute steht noch dieses Ereignis für die Qualität und den Artenreichtum der Blütenpflanzen an der Côte d’Azur, denn 90% der für den Karneval verwendeten Blumen werden vor Ort produziert.                                                                                         


Dieses Jahr wieder werden mit Blumen im Überfluss geschmückte Wagen auf der Promenade des Anglais paradieren. Darauf werden junge kostümierte Mädchen und Frauen die rund 100 000 Blumen (Gladiolen, Rosen, Nelken, Mimose, Gerberas, Margeriten, Lilien, usw...) in das begeisterte Publikum werfen. Diese floralen Korsos sind weltweit ein einzigartiges Schauspiel und zählen zu den bekanntesten Festen von Nizza und der Côte d’Azur.


PS: Wer früh genug da ist und sich einen guten Platz in den vorderen Reihen sichern kann, geht auch bestimmt mit selbst aus der Luft gepflückten Blumen nach Hause.



Das diesjährige Thema des Karnevals (13.02.-01.03.2015) ist die Musik. 

 

 

Mehr als tausend Musiker und Tänzer aus aller Welt werden zwei Wochen lang Nizza rhythmisch und folkloristisch beleben.  

4 Kommentare:

  1. Kompliment! Toll geschriebener (und visualisierter) Blog mit viel Liebe zum Detail, also zum (Süd-)französischen, zu Land und Leuten, Kunst und Kultur, und insbesondere zu einer schönen wie aufregenden Metropole an der Sonnenküste unserer westlichen Nachbarn: Nizza. Wer die Stadt nicht kennt, bekommt spätestens nach Lektüre dieser Artikel Lust, die Koffer zu packen. Die Fotos, aber auch die Texte - rasch wird klar, warum es Menschen aus den kälteren Teilen Europas fast schon traditionell nach Nizza zieht, und sei es nur darum, die hiesigen Winter zu überleben - vorausgesetzt, dass man sich's leisten kann/konnte. Zwar ersetzen die gut recherchierten Beiträge des Blogs keinen Reiseführer, machen einem aber Beine, sich schleunigst einen zu kaufen. Hier ein Hinweis an den potenziell Reisenden, da eine historische Anekdote, die hilft, die Gegenwart besser zu verstehen. Dass die Themen sich am Kalender orientieren ist dem Anspruch geschuldet, eben Blog zu sein. Gut so. Bleibt die Frage nach dem Übersetzer der Texte. Oder schreibt die Autorin, die ihrem Namen nach Französin ist, die Beiträge deutsch? Kaum zu glauben. So schreiben eigentlich Muttersprachler. Na, bleiben wir bei der Wahrheit: Tatsächlich sind so sprachmächtig nur wenige Deutsche unterwegs. Sei's drum: Formidable! Und weiter so. Tom

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  2. Bonsoir,
    Was für einen schmeichelnden Kommentar, merci! Es freut mich sehr, wenn es gefällt. Nizza ist eine unglaublich faszinierende Stadt. Allein ihre geographische Lage, eingekesselt am Rande der Grande Bleue und am Fuß der Alpen, macht sie begehrenswert! Und man möchte auch gleich hin!
    Apropos reisen: ich habe keinen speziellen Reiseführer zu empfehlen, sondern vielmehr eine bzw. die "Gebrauchsanweisung für Nizza und die Côte d'Azur" von Jens Rosteck. Eine gelungene Studie über Land und Kultur, über Sitten und Manieren, mit vielen Farben und Nuancen, mit viel Witz und Esprit... mit dem richtigen kritischen Blick eines Frankreichs Liebhabers… über meine Landsleute! Und wenn es mehr um die Umgebung gehen soll, auch um die Künstler, die dort gelebt und gearbeitet haben, ob freiwillig oder im Exil…, um ihre Kunst, dann sollte man unbedingt „Nizza, Mon Amour“ von Fritz J. Raddatz lesen. Als letztes Lesezeichen an dieser Stelle möchte ich nun zum Schluss die Aufmerksamkeit auf Max Gallo, den Romancier aus Nizza richten. Wer sich für geschichtliche Hintergründe und Stadtentwicklung interessiert sollte sein Buch bzw. seine Trilogie „La Baie des Anges“ („Die Bucht der Engel“) lesen. Anhand von armen italienischen Gastarbeitern aus dem Piemont, die nach Nizza auf der Suche nach Arbeit kommen, führt uns Max Gallo in das Nizza des 19. Jahrhunderts zurück und enthüllt uns ein Stück wahre Geschichte.
    Dann Bonne lecture, et à bientôt!

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  3. Sind die Fotos von diesem Jahr?

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  4. Nein, sind sie nicht. Ich war und werde leider dieses Jahr beim Carnaval nicht in Nizza sein.

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